Mahatma Gandhi entwickelte eines der wirksamsten Widerstandskonzepte. Es heißt Satyagraha und verlangt von einem Aktivisten jegliche Gewaltlosigkeit sowie die entschlossene Bereitschaft, Schmerz und Leiden auf sich zu nehmen, nicht weitgehend, sondern absolut.
Seit 1997 gibt es in Tibet eine Satyagraha-Bewegung, ein aktuelles Modell für den gewaltlosen Widerstand. Ich finde es faszinierend, und obwohl ich selbst nicht daran teilnehmen könnte, weil ich die Voraussetzungen nicht erfülle, möchte ich anfangen, mich mit den Ideen zu beschäftigen.
In der Auseinandersetzung mit Demonstrationen, jetzt insbesondere mit den Montagswachen, gleiche ich Ideen des tibetischen Konzepts mit der aktuellen Situation ab. Zunächst dreht es sich nicht darum, spirituellen Widerstand zu verstehen, sondern sich einige Voraussetzungen anzuschauen.
Unaufrichtigkeit, Unredlichkeit
Man darf sich niemals – weder öffentlich noch privat – an Aktivitäten beteiligen, die unredlich und unaufrichtig sind.
Auf die aktuellen Montagswachen übertragen, bedeutet es, zu prüfen, mit wem du auf die Straße gehst. Wenn es nur geringste Zweifel an der Aufrichtigkeit der Organisatoren und Rednern der Montagswachen gibt, darf ich aus spiritueller Sicht nicht an den Aktivitäten teilnehmen.
Dringlichkeit? Allemal.
Erlaubnis
Man muß dafür sorgen, daß Familienmitglieder, wie Kinder und alte Eltern, nicht auf Unterstützung von eigener Seite angewiesen sind; wenn sie von einem abhängig sind, muß man ihre Erlaubnis erhalten, sich als Aktivist einsetzen zu dürfen.
Das ist eine Idee, die ich vom Herzen her sofort verstehe. Lebendige familiäre Demokratie, sowohl die Kinder als die Eltern spielen eine wichtige Rolle. Es kommt nicht primär darauf, politisch aktiv zu sein, sondern um die Folgen in einem Worse Case zu bedenken.
Vielleicht ist es sogar notwendig, alle Formen des Widerstandes zu reflektieren und in Einklang mit der Familie abzustimmen.
Verpflichtungen
Man darf keine rückständigen Darlehen haben, keine unbeglichenen Rechnungen, keine zu erledigenden Verbindlichkeiten und andere derartige Verpflichtungen, denen man noch nachkommen muß.
Politische Aktivität darf keine Flucht sein. Die Verantwortung gegen über gesellschaftlichen Verpflichtungen darf nicht durch unbedachte Aktionen gefährdet werden.
Ich finde es erstaunlich, wie durchdacht das Konzept des spirituellen Widerstands ist. Ich werde mich in den kommenden Wochen näher damit beschäftigen, wenn ich meinen gesellschaftlichen Verpflichtungen nachgekommen bin.
Alles Liebe
Burcado
Postscript
Heute bin ich ein wenig gereift. Würde ich meine Vergangenheit reflektieren, würde ich nicht mehr mit Menschen kooperieren, die dem kommunistischen Spektrum angehören. Die Unredlichkeit aller kommunistischen Systeme, egal ob in der Sowjetunion und in der DDR sowie in China und in Albanien, sind heute bekannt. Ich würde auch nicht gegen Atomkraft demonstrieren, wenn das Leben von Polizisten in irgendeiner Weise gefährdet ist. Was sind die Grundlagen für Frieden, wie geschieht menschliche Veränderung?
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Mahatma Gandhi im Hungerstreik 1932
Unbekannter Photograph
Bundesarchiv, Commonsense, wiki
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Tibet.de, Satyagraha